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unter orf.at vom 09.03.2015
Elterliche Überhöhung schadet
Sie fühlen sich anderen überlegen und erwarten eine spezielle Behandlung: Immer mehr Kinder in westlichen Ländern seien krankhaft selbstverliebt, schreiben Wissenschaftler um Eddie Brummelman von der Universität Amsterdam. In einer Studie untersuchten sie die Ursache von Narzissmus - und fanden sie bei den Eltern.
Mütter und Väter, die ihre Kinder für etwas Besseres halten, fördern die Entwicklung dieser Persönlichkeitsstörung. Das berichtete das internationale Forscherteam in den „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften („PNAS“).
Schon bei Freud ein Thema
Schon Sigmund Freud postulierte einen Zusammenhang von Erziehung und narzisstischen Zügen bei Kindern. In „Zur Einführung des Narzissmus“ sieht er bei Eltern „ein Wiederaufleben und Reproduktion des eigenen, längst aufgegebenen Narzissmus“. So bestehe ein Zwang, „dem Kinde alle Vollkommenheiten zuzusprechen, wozu nüchterne Beobachtung keinen Anlass fände, und alle seine Mängel zu verdecken und zu vergessen“. Das Kind solle es besser haben als seine Eltern, „es soll den Notwendigkeiten, die man als im Leben herrschend erkannt hat, nicht unterworfen sein“.
Weniger Einfühlungsvermögen
Bei der aktuellen Studie befragten Psychologen und Erziehungswissenschaftler 565 niederländische Kinder zwischen sieben und elf Jahren sowie deren Eltern zwei Jahre lang alle sechs Monate. Jene Heranwachsenden, deren Eltern angaben, ihr Nachwuchs sei „besonderer als andere Kinder“ oder „verdiene im Leben etwas Außergewöhnliches“, hatten später narzisstischere Charaktere: Sie besaßen wenig Einfühlungsvermögen und reagierten überempfindlich auf Kritik. Demnach ist es dem Wohle eines Kindes nicht förderlich, wenn Väter oder Mütter es für „Gottes Geschenk an die Menschheit“ halten.
Gut gemeint
„Kinder glauben ihren Eltern, wenn diese ihnen sagen, sie seien besser als andere“, wird Koautor Brad Bushman von der Ohio State University in Columbus in einer Mitteilung der Universität zitiert. „Für sie selbst und auch für die Gesellschaft kann das nicht gut sein.“ Narzissmus ist nach Ansicht der Forscher ein Resultat übertriebener elterlicher Zuwendung - und nicht von zu wenig. Das stütze die soziale Lerntheorie und widerspreche dem psychoanalytischen Ansatz, schreiben sie.
Eltern, die ihre Kinder überbewerten, würden meist in der Absicht handeln, sie zu selbstbewussten Personen erziehen zu wollen. Doch anstatt ihr Selbstbewusstsein zu fördern, könne die Überbewertung ungewollt narzisstische Züge fördern, so Brummelmann.
Emotionale Wärme stärkt Selbstwertgefühl
Narzissmus sei allerdings nicht mit einem hohen Selbstwertgefühl zu verwechseln, warnten die Forscher. Auch das hatten sie abgefragt. Eltern, die ihre Kinder mit viel emotionaler Wärme behandelten, stärkten das Selbstwertgefühl. „Menschen mit hohem Selbstwertgefühl sehen sich auf Augenhöhe mit anderen, während Narzissten denken, sie ständen darüber“, so Bushman. Der Psychologe forscht seit Jahren auf diesem Gebiet. In früheren Studie hatte er festgestellt, dass Kinder mit hoher narzisstischer Neigung und hohem Selbstbewusstsein stärker zu Aggressionen neigen. Kinder, die kaum narzisstische Züge aufweisen, zeigen auch geringes Aggressionspotenzial - egal wie ihr Selbstbewusstsein ausgeprägt ist.
Gestresste Eltern
Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff aus Bonn sieht gegenüber der dpa die Ursache für die Zunahme an narzisstischen Kindern auch in stärker gestressten Eltern: „Eltern fühlen sich heute mehr unter Druck“, sagte Winterhoff. „Sie wollen aber unbedingt, dass es ihrem Kind besser geht. Deshalb bekommen Kinder immer mehr.“
Das mache sie aber nicht lern- und leistungsbereit. „Wir müssen uns klar sein, dass diese Menschen nicht lebenstüchtig sind“, meinte der Experte. „Sie sind zum Beispiel nicht in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.“ In der Schule würden sie sich häufig verweigern. Glückliche Kinder seien das nicht, so der Jugendpsychiater.
Quelle, Fotos, Videos unter orf.at
Links
PNASE
http://www.pnas.org/
die Brummelman
http://www.uu.nl/staff/ebrummelman
Brad Bushman
http://www.comm.ohio-state.edu/people/fa...profile/67.html
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