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Kommentar | Philip Bauer, 30. April 2013
Wo blieb die dunkle Seite von Red Bull?
Eine von der ARD ausgestrahlte Dokumentation über Red Bull und dessen Tätigkeiten im Sport hielt nicht, was sie versprach
Eine weinende Mutter erzählt über den Tod ihres Ehemannes. Eli Thompson war ein US-amerikanischer Fallschirmspringer, er touchierte im berüchtigten Lauterbrunnental eine Felswand und stürzte bei Dreharbeiten für einen Promotionfilm von Red Bull zu Tode. Das ist natürlich tragisch, aber dokumentiert es tatsächlich "die dunkle Seite von Red Bull" wie der Titel einer am Montagabend von der ARD ausgestrahlten Dokumentation versprach?
Red Bull engagiert sich im Extremsport und der ist gefährlich. Die Dokumentation will uns suggerieren, dass dies moralisch verwerflich sei. Aber warum eigentlich? Wir sprechen von mündigen Sportlern, denen Red Bull die Möglichkeit liefert, ihren Traum zu leben. Und davon zu leben. Ein Gegengeschäft, alle Beteiligten sind einverstanden, das Risiko ist kein Geheimnis. Natürlich entsteht dadurch eine Drucksituation: will man weiter von Red Bull unterstützt werden, muss man spektakuläre Bilder liefern. Aber jeder Sprung, und ist er noch so waghalsig, ist am Ende eine persönliche Entscheidung.
Filmer Helmar Büchel hatte trotz aufwendiger Recherche sichtlich Probleme, Menschen zu finden, die das anders sehen. Eher im Gegenteil, also wurde mit schnellen Schnitten und Psycho-Thriller-Soundtrack nachgeholfen, um Red Bull die Aura des Bösen zu verleihen. Die Firma, die Menschen in den Tod treibt. Selbst nicht von Red Bull gesponserte Basejumper würden sich "auch wegen Red Bull" in die Tiefe werfen. Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Nur eine von vielen nicht zu überprüfenden Behauptungen, die die Dokumentation aufstellt, um ihrem Titel gerecht zu werden.
Wenn der ORF einen Unfall zum dritten Mal in Zeitlupe zeigt, regen wir uns auf. Wenn Videos von schweren Sportunfällen durch das Internet kursieren, sorgt das für Unmut. Und nun soll es Red Bull zum Vorwurf gemacht werden, dass die tödlichen Unfälle der unterstützten Sportler nirgendwo zu sehen wären, dass man diese nicht auch noch bildkräftig präsentiert? Aber wenigstens die ARD-Dokumentation konnte uns einen tödlichen Unfall mit einem Fluganzug zeigen. Kommentar: "Dieser Unfall hat nichts mit Red Bull zu tun". Danke vielmals.
Hätte man nicht die seit Jahren strapazierten Kniescheiben von Profil-Redakteur Michael Nikbakhsh aufgewärmt, die Suppe wäre nicht einmal dünn gewesen. Und gerade weil all diese Vorwürfe reichlich zusammengeschustert wirken, wundert es, dass man sich bei Red Bull so zugeknöpft gibt, dass niemand vor die TV-Kamera treten will. Firmenpolitik, eh klar. Derart zum System erhobene Intransparenz kommt aber nicht gerade sympathisch. Ein bisschen mehr Mumm könnte in Fuschl am See nicht schaden. Die hauseigenen Sportler könnten dabei bestimmt als Vorbilder dienen. (Philip Bauer; 30.4.2013)
Quelle (Daniel Haider, DER STANDARD, 15.03.2013)
Link "Die dunkle Seite von Red Bull" in der ARD-Mediathek